Trauer um Sprach-Profi und Journalisten
Wolf Schneider
Seine Bücher waren Bestseller, seine Urteile über Verirrungen der deutschen Sprache waren klar und eindeutig. Wolf Schneider, bekannter Journalist, Moderator und Sprachkritiker, ist am Freitag im Alter von 97 Jahren im bayerischen Starnberg gestorben, wie seine Familie mitteilte.
Als scharfzüngiger Moderator der „NDR Talk Show“ und als früherer Leiter der Henri-Nannen-Schule in Hamburg war er auch weit über die Medienbranche hinaus bekannt – was nicht zuletzt an seinen Büchern lag wie „Wörter machen Leute“, „Deutsch für Profis“ oder „Deutsch für Kenner“ mit Ratschlägen für klares, verständliches Deutsch.
Bei vielen angehenden Journalisten gelten solche Titel nach wie vor als Pflichtlektüre. Seine Attacken auf Blähwörter, unnötige Anglizismen, Satzungetüme und geschwurbelte Formulierungen waren gefürchtet und geschätzt; sie verkaufen sich bestens.
Schneider, am 7. Mai 1925 in Erfurt geboren, war ein Sohn des Rechtsanwalts und Politikers Bruno Schneider. Er wuchs in Berlin auf. Nach dem Abitur leistete er seinen Kriegsdienst bei der Luftwaffe. Nach Kriegsende arbeitete er zunächst als Dolmetscher bei der US-Armee, ab 1947 dann bei der „Münchner Neuen Zeitung“, einer Zeitung der US-Militärregierung. Von 1950 an war er 6 Jahre lang Korrespondent der Nachrichtenagentur AP, später Leiter der Nachrichtenredaktion und Washington-Korrespondent für die „Süddeutsche Zeitung“. Für das Werner-Friedmann-Institut (später: Deutsche Journalistenschule) war er damals Dozent.
1966 wechselte Schneider zum Magazin „Stern“, wo er zuerst Chef vom Dienst und ab 1969 Verlagsleiter war. 1971 wechselte er zur Axel Springer AG, um einen „Anti-Spiegel“ zu entwickeln. Das Projekt wurde eingestellt, und er wurde 1973 Chefredakteur der Tageszeitung „Die Welt“, damals Hamburg.
Schneider hatte aber auch als Autor einen Ruf. Er schrieb nicht nur sprachlich funkelnde „Streiflichter“-Kolumnen für die „Süddeutsche Zeitung“ und zahlreiche Reportagen etwa für das Magazin „Geo“, sondern auch mehr als 2 Dutzend Sachbücher.
Wer gelesen werden wolle, müsse sich plagen, war Schneiders Motto. Verkürzt zu „Qualität kommt von Qual“ war es im Eingang der Henri-Nannen-Schule in Hamburg in Stein gemeißelt zu lesen. Schneider war ab 1979 der erste Schulleiter. „Stern“-Gründer Nannen selbst hatte sich ihn für diese Aufgabe gewünscht mit der Begründung, kein anderer könne das besser.
Als Schneider die Leitung der Schule 1995 an Ingrid Kolb abgab, war er in einem Alter, in dem andere lange in Rente sind. Er dagegen schrieb weitere Bücher, gab Seminare zu sprachkritischen Themen und engagierte sich unter anderem bei der Aktion Lebendiges Deutsch. Hatte er in früheren Jahren noch gegen Anglizismen wie T-Shirt, Mountainbike oder Airbag gewettert und verlangt, dafür deutsche Entsprechungen zu verwenden, wurde er mit dem Alter in dieser Hinsicht milder. Zumindest gegen kurze, prägnante englische Lehnwörter wie „Sex“ sei nichts einzuwenden, befand er später.
Im Jahre 2019 gehörte Schneider zu den Initiatoren eines Aufrufs des Vereins Deutsche Sprache unter der Überschrift „Schluss mit dem Gender-Unfug“. In dem Text wurden unter anderem „lächerliche Sprachgebilde“ wie „die Radfahrenden“, „die Studierenden“ oder sogar „Luftpiratinnen“ und „Idiotinnen“ kritisiert und „als weitere Verrenkung noch der seltsame Gender-Stern“ aufs Korn genommen.
Chefredakteur Dr. Toni Ebner holte Wolf Schneider mehrmals für Seminare zu den „Dolomiten“ nach Südtirol. Dabei bestätigte Schneider dem „Tagblatt der Südtiroler“, dass er darin weniger Rechtschreibfehler finde als in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
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